Wird das Universum enden? Neue Modelle sprechen für einen „Big Crunch“
Lange Zeit galt in der Kosmologie die Annahme, dass sich das Universum für immer weiter ausdehnen wird. Diese Vorstellung beruht auf Messungen der sogenannten kosmologischen Konstante – einer Größe, die beschreibt, wie stark die Expansion des Universums voranschreitet. Doch neue theoretische Analysen werfen Zweifel an diesem Bild auf.
Ein Forschungsteam unter der Leitung des Physikers Henry Tye von der Cornell University hat ein bestehendes Modell überarbeitet, das die Entwicklung des Universums beschreibt. Das Ergebnis ihrer Berechnungen: Die kosmologische Konstante könnte nicht positiv, sondern negativ sein. Genau dieser Unterschied entscheidet darüber, ob das Universum unendlich weiterwächst – oder irgendwann wieder in sich zusammenfällt.
Was bedeutet eine negative kosmologische Konstante?
Ist die Konstante positiv, beschleunigt sich die Ausdehnung immer weiter. Ein negatives Vorzeichen jedoch führt langfristig zum Gegenteil: Zunächst verlangsamt sich die Expansion, dann stoppt sie, schließlich beginnt das Universum wieder zu schrumpfen. Dieser Prozess endet in einem Punkt, in dem der gesamte Raum kollabiert – ein Szenario, das als Big Crunch bezeichnet wird, das Gegenstück zum Urknall.
Nach dem aktualisierten Modell wird sich das Universum noch rund elf Milliarden Jahre weiter ausdehnen, bevor es den Umkehrpunkt erreicht. Etwa neun Milliarden Jahre später würde dann der endgültige Kollaps einsetzen. Insgesamt ergibt sich damit eine verbleibende Lebensdauer des Universums von etwa zwanzig Milliarden Jahren.
Welche Daten sprechen dafür?
Das Modell stützt sich auf aktuelle Beobachtungen aus großen kosmologischen Messprogrammen, unter anderem vom Dark Energy Survey in Chile und dem Dark Energy Spectroscopic Instrument in Arizona. Beide Projekte erfassen Strukturen im Universum, um besser zu verstehen, wie sich dunkle Energie verhält – die Form der Energie, die für die Expansion des Weltalls verantwortlich gemacht wird. Sollte sich herausstellen, dass sie tatsächlich einer negativen kosmologischen Konstante entspricht, wäre das Big-Crunch-Szenario die logischste Konsequenz.
Was bedeutet das für uns?
Für das Leben auf der Erde hat diese Erkenntnis keine praktische Bedeutung. Unser Planet wird bereits in einigen Milliarden Jahren unbewohnbar sein, wenn die Sonne sich zu einem Roten Riesen ausdehnt. Die Frage nach dem Ende des Universums ist daher in erster Linie eine physikalische – keine existenzielle.
Sie berührt aber einen grundlegenden Punkt: Ob das Universum unendlich ist oder einen Anfang und ein Ende besitzt. Wenn sich das Szenario bestätigt, wäre der Kosmos ein zeitlich begrenztes System, das in einem gewaltigen Endzustand mündet, ähnlich dramatisch wie sein Ursprung.
Wie geht die Forschung weiter?
Die kommenden Jahre werden darüber entscheiden, welches Zukunftsmodell sich durchsetzt. Neue Weltraumteleskope, darunter Euclid, SPHEREx und das Rubin-Observatorium, sollen präzisere Daten zur dunklen Energie liefern. Erst dann wird sich klären, ob die kosmologische Konstante wirklich negativ ist – oder ob das Universum doch ewig expandiert.
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