Schluss mit dem Kompetenz-Lotto – Warum wir ausgebildete Fachpolitiker brauchen

Veröffentlicht am 29. Mai 2025 um 03:45

Wenn ein Bäcker eine Brücke bauen will, schütteln wir den Kopf. Wenn ein Mediziner plötzlich als Finanzvorstand eines DAX-Konzerns arbeitet, fragen wir nach seinem Abschluss in Betriebswirtschaft. Doch in der deutschen Politik scheint genau dieses Prinzip gang und gäbe zu sein: Ministerposten werden vergeben wie Parteibonbons – nach Loyalität, Proporz und Machtkalkül. Nicht nach Kompetenz.

Das jüngste Beispiel ist kein Einzelfall, sondern Teil eines jahrzehntelangen Systems: Minister*innen, die keinerlei Erfahrung in dem Ressort haben, das sie leiten sollen. Verteidigungsminister ohne militärischen Hintergrund, Gesundheitsminister ohne medizinische Ausbildung, Bildungsminister, die Bildung nur von innenpolitischen Debatten kennen. Und wer fragt, warum das so ist, bekommt oft zu hören: „Dafür haben sie ja Fachleute im Ministerium.“ Doch wäre es nicht hilfreich – ja sogar notwendig –, wenn die Führung selbst auch über Fachwissen verfügt?

Politik braucht Qualifikation – nicht nur Rhetorik

Es ist höchste Zeit für eine Reform: Wer in Deutschland ein Ministerium führen will, sollte nicht nur politisch vernetzt sein, sondern auch fachlich qualifiziert. Denn politische Führung ist mehr als Show. Sie ist Verantwortung. Und Verantwortung verlangt Wissen.

Wir brauchen eine gesetzliche Mindestqualifikation für Ministerämter. Wer ein Ressort übernimmt, sollte mindestens fünf Jahre relevante Berufserfahrung im jeweiligen Fachgebiet mitbringen – sei es als Jurist im Justizministerium, als Ökonom im Finanzministerium oder als Pädagoge im Bildungsressort. Diese Erfahrung muss transparent nachgewiesen und überprüft werden – wie bei jeder anderen qualifizierten Bewerbung auch.

Ministerien als Fachgremien, nicht als Parteibüros

Ministerien dürfen nicht länger parteipolitische Schachbretter sein, auf denen Pöstchen vergeben werden. Sie müssen wieder das sein, was sie ursprünglich sein sollten: kompetente Fachgremien, die das Land führen, nicht verwalten.

Ein Verteidigungsministerium etwa, das von jemandem geleitet wird, der nie gedient hat, mag PR-tauglich sein – aber sicherheitspolitisch ein Risiko. Eine Umweltministerin ohne naturwissenschaftliche Ausbildung kann Symbole setzen, aber keine Lösungen liefern.

Das Vertrauen der Bürger steht auf dem Spiel

In einer Zeit, in der das Vertrauen in die Politik auf einem Tiefpunkt ist, ist fachliche Kompetenz das stärkste Argument gegen Politikverdrossenheit. Denn Bürgerinnen und Bürger wollen nicht regiert, sondern verstanden werden. Und verstanden fühlen sie sich nur von denen, die ihre Lebensrealität kennen – nicht nur durch Parteiarbeit, sondern durch Erfahrung.

Kompetenz ist kein Luxus, sondern Pflicht

Es geht nicht darum, die politische Elite zu delegitimieren – sondern sie zu professionalisieren. Wer ein Land führen will, muss mehr können als reden. Er oder sie muss wissen, wovon er spricht. Alles andere ist gefährlich – und demokratiefeindlich.

Es ist Zeit für ein neues Prinzip in der Regierung: Posten nach Kompetenz statt nach Parteibuch. Nicht weil wir elitär sein wollen – sondern verantwortungsvoll.

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